Mit dem Betrieb automatisierter EasyMile-Kleinbusse
im Matte- und Marziliquartier vom Sommer 2019 bis Sommer 2021 konnten sich
BERNMOBIL und ihre Projektpartner umfangreiche Erkenntnisse zu Entwicklungsstand,
Herausforderungen und Akzeptanz der neuen Technologie aufbauen. Die Fahrzeuge
fuhren zunächst im Fahrplanbetrieb als Linie 23, dann im OnDemand-Betrieb als
"Rufbus Linie 23". Sie waren dabei weitgehend in die regulären
Betriebsprozesse integriert.
BERNMOBIL führte von 2018 bis 2021 mit den
Projektpartnern Stadt Bern, Migros Aare, ewb und SBB das Pilotprojekt
"selbstfahrendes Fahrzeug im ÖV" durch. Kernelement des Projekts war
der Betrieb von selbstfahrenden Kleinbussen zwischen Juli 2019 und Juni 2021 im
Stadtgebiet von Bern. Es kamen Fahrzeuge vom Typ EZ10 der Generation 2 und 3 des
französischen Herstellers EasyMile zum Einsatz.
Kernmerkmale dieses Pilotprojekts:
- Die weitgehende Integration des Pilotbetriebs in die Standard-Betriebsprozesse bei BERN-MOBIL. Die Fahrzeuge verkehrten als "Linie 23" bzw. als "Rufbus Linie 23" und wurden von Fahrpersonal begleitet.
- Die technische Anbindung an das Leitstellen-System zur Überwachung.
- Auf der Pilotstrecke konnten die Herausforderungen im städtischen Verkehr getestet werden.
- Die technische Anbindung an ein OnDemand-Buchungssystem, das Fahraufträge direkt an die Fahrzeuge schickte.
Das EasyMile-Gesamtsystem wirkte durchdacht und zeigte gut, wie wichtig das reibungslose Zusam-menspiel aller Komponenten für den Tagesbetrieb ist.
Die Lokalisierung und Hinderniserkennung der Fahrzeuge funktionierten im automatisierten Betrieb sehr zuverlässig. Die Fahrzeuge waren jedoch im Mittel nur 75 % der täglichen Betriebszeit automati-siert unterwegs, in der übrigen Zeit mussten sie durch die Begleitperson manuell gesteuert werden, z.B. für die Umfahrung von Hindernissen oder bei Schlechtwetter (Schneefall).
Die Rückmeldungen der Fahrgäste in den Umfragen waren überwiegend positiv, wobei bei einzelnen Aspekten durchaus Verbesserungsbedarf erkannt wurde, vor allem bei der Geschwindigkeit. Denn aus Sicherheitsgründen waren die Fahrzeuge mit maximal 14 km/h und im Durchschnitt mit etwa 6 km/h unterwegs.
Das Pilotprojekt hat gezeigt, dass die eingesetzten Fahrzeuge auf öffentlicher Strasse noch nicht ohne permanente Begleitung verkehren können. Die Technologie zeigt noch erheblichen Weiterent-wicklungsbedarf. Ein Anwendungsfall aus Sicht eines ÖV-Betreibers ist aus wirtschaftlichen Überle-gungen heraus erst dann möglich, wenn die automatisierten Fahrzeuge nicht mehr 1:1 begleitet wer-den müssen.
Daraus lassen sich vier Stossrichtungen ableiten:
- Die Fahrzeugautomatisierung wird zunächst nur in Form von Assistenzsystemen genutzt, die das Fahrpersonal unterstützen (Analog Automobilbereich).
- Bei den Einsatzszenarien werden zunächst "geschützte Räume" wie z.B. Depot-Fahrten näher geprüft. Dort lassen sich die Umgebungsbedingungen so vereinfachen, dass diese von automatisier-ten Fahrzeugen beherrscht werden können.
- Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Fernüberwachung und -steuerung aus einer Leitstelle (Teleoperati-on), so dass eine Person mehrere Fahrzeuge überwachen und notfalls eingreifen kann. So wäre ggf. eine Wirtschaftlichkeit zu erreichen, ohne dass die Fahrzeuge jede Situation beherrschen müssen.
- Empfohlen wird zudem ein aktives Verfolgen der Sensor- und Software-Entwicklung in den Berei-chen "Allwettertauglichkeit" und "intelligenter Umgang mit Pflanzen". Wären diese zwei Aspekte zu-friedenstellend gelöst, wäre ein Einsatz der automatisierten Fahrzeuge z.B. in räumlich abgetrennten Fahrspuren denkbar.