Schweizerischer Verband für autonome Mobilität

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Automatisiertes Vehicle Marshalling (AVM)
Projekt

Automatisiertes Vehicle Marshalling (AVM)

Automated Vehicle Marshalling führt eine neue Stufe industrieller Autonomie ein, indem es die Bewegung von Fahrzeugen durch die Werkslogistikstandorte nach der Produktion automatisiert. Das System kombiniert infrastrukturbasierte Wahrnehmung, kontinuierliche Bewegungsplanung und hochverfügbare Flottenkoordination, um manuelles Fahren durch einen vorhersehbaren, autonomen Fluss zu ersetzen. Durch diesen Ansatz erhalten Hersteller einen höheren Durchsatz, verbesserte Sicherheit und eine skalierbare Grundlage für autonome Abläufe der nächsten Generation.

Initiiert von
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Standort
Zürich - International
Einführungsjahr(e)
2023
Projektstatus
Laufend

Beteiligte Mitglieder

Revolutionierung der Fahrzeuglogistik: Die Anfänge des automatisierten Rangierens

Die Embotech AG treibt die autonome Mobilität in Industrieumgebungen durch ihr Projekt Automated Vehicle Marshalling voran, ein System, das die Bewegung von neu produzierten Fahrzeugen innerhalb von Produktionsanlagen, Logistikhöfen und Testgeländen automatisieren soll. Sobald ein Fahrzeug das Fließband verlässt, muss es eine Reihe von Schritten durchlaufen, die Funktionstests, Qualitätsbewertungen, vorübergehendes Parken und die Vorbereitung für den Versand umfassen. Traditionell werden für diese Bewegungen große Teams von Fahrern benötigt, die sich mit Produktionsplänen, Prüfstraßen und Lagerabläufen abstimmen müssen. Die AVM-Lösung von Embotech ersetzt diese manuellen Bewegungen durch einen kontinuierlichen, autonomen Prozess, der sowohl vorhersehbar als auch höchst effizient ist.

Einsatz und Schlüsselzahlen

Das System ist bereits in vier BMW-Werken im Einsatz, drei davon in Deutschland und eines in Oxford (Vereinigtes Königreich). Zwei weitere Standorte sind geplant, einer in Ungarn und ein weiterer in Spartanburg, in den Vereinigten Staaten. Im Rahmen seiner industriellen Einsätze hat Embotech mehr als 375.000 autonom fahrende Fahrzeuge und mehr als 22.000 fahrerlose Betriebsstunden gesammelt. Die Verfügbarkeit an allen Betriebsstandorten liegt konstant bei über 99 Prozent. Embotech verfügt außerdem über die erste Stufe-4-Zertifizierung gemäß der neuen europäischen Maschinenverordnung und ist damit ein Referenzpunkt für industrielle Autonomie. Der Auftragsbestand des Unternehmens umfasst mehr als 28 Millionen Kilometer an geplanten autonomen Einsätzen.

Diese Erfolge zeigen, dass die vollautonome Fahrzeugabfertigung im Werksmaßstab kein fernes Ziel ist, sondern ein aktives, bewährtes System im täglichen Einsatz. Die Zahlen spiegeln ein Ökosystem wider, das an verschiedenen Standorten, Fahrzeugmodellen und in unterschiedlichen Produktionsumgebungen getestet wurde.

Infrastrukturgestützte Autonomie

Das AVM-System basiert auf der Idee, dass autonomes Fahren in industriellen Umgebungen am effizientesten ist, wenn die Intelligenz in der Infrastruktur und nicht in den einzelnen Fahrzeugen untergebracht ist. Die Fabrik ist mit LiDAR-Sensoren, Recheneinheiten und Kommunikationsknoten ausgestattet, die über LTE oder WiFi verbunden sind. Diese Elemente arbeiten zusammen, um die Umgebung wahrzunehmen, Fahrzeugpositionen zu verfolgen und sichere und effiziente Wege zu berechnen.

Jedes Fahrzeug ist mit einem minimalen Satz von Komponenten ausgestattet, z. B. einer Drive-by-Wire-Schnittstelle und einer Kommunikationseinheit. Die gesamte Wahrnehmung, Planung und Entscheidungsfindung findet außerhalb des Fahrzeugs statt. Dieser Ansatz reduziert die Komplexität und die Kosten im Fahrzeug erheblich und ermöglicht die schnelle Integration neuer Fahrzeugmodelle in das System.

Das Planungsmodul berechnet die Bewegung in sehr kurzen Zyklen neu. Während sich ein Fahrzeug bewegt, wird seine Flugbahn kontinuierlich auf der Grundlage neuer Informationen von Sensoren und anderen Fahrzeugen angepasst. Dadurch kann das System sofort auf Fußgänger, manuell gesteuerte Autos, Gabelstapler oder unerwartete Hindernisse reagieren. Das Fahrzeug kann zentimetergenau durch enge Fabrikkorridore navigieren und auf geeigneten internen Straßen mit einer Geschwindigkeit von bis zu dreißig Stundenkilometern fahren. Die Kombination aus schneller Reaktionsfähigkeit, hoher Präzision und kontrollierter Abbremsung schafft eine Umgebung, in der sich Fahrzeuge auch in Gegenwart von Menschen und anderen Maschinen sicher bewegen.

Simulation, Erprobung und Verlässlichkeit

Die Gewährleistung der Zuverlässigkeit im industriellen Maßstab erfordert mehr als Vor-Ort-Tests. Embotech stützt sich in hohem Maße auf digitale Zwillinge, synthetische Sensordaten und nächtliche Simulationskampagnen, um das System zu bewerten und zu verfeinern. Jede Fabrik wird in einem digitalen Modell abgebildet, das ihre Geometrie, Verkehrsregeln und Arbeitsabläufe widerspiegelt. Die autonome Software interagiert jede Nacht in Tausenden von automatisierten Tests mit dieser virtuellen Umgebung. Bei diesen Tests wird untersucht, wie sich das System unter einer Vielzahl von Bedingungen verhält, vom normalen Verkehrsfluss bis hin zu höchst ungewöhnlichen Situationen, die zwar selten auftreten, aber dennoch sicher gehandhabt werden müssen.

Synthetische Wetterdaten spielen eine wichtige Rolle. Nebel, Regen, Schnee und starke Reflektionen können die Sensorleistung beeinflussen. Durch die Generierung großer Mengen künstlicher Wetterbedingungen kann das System für Szenarien trainiert und validiert werden, die sich auf dem Werksgelände manuell nur schwer reproduzieren lassen. Die im Laufe des Tages gesammelten Betriebsdaten bieten weitere Einblicke in die Sensorleistung, die Streckennutzung, zeitliche Engpässe und Bedienereingriffe. Diese Daten helfen bei der Aufrechterhaltung einer hohen Verfügbarkeit und tragen zur vorausschauenden Wartung sowohl der Infrastruktursensoren als auch der Fahrzeuge bei.

Flottenmanagement und operationelle Koordinierung

Eine spezielle Flottenmanagement-Plattform überwacht alle autonomen Bewegungen in Echtzeit. Sie weist Aufträge zu, überwacht den Fortschritt jedes Fahrzeugs, identifiziert Verzögerungen und stellt den Bedienern Werkzeuge zur Verfügung, um unregelmäßige Situationen bei Bedarf zu beheben. Die Bediener sehen das Werk über die digitale Zwillingsschnittstelle, so dass sie sehen können, wo die Fahrzeuge positioniert sind, welche Strecken besetzt sind und ob unerwartete Bedingungen Aufmerksamkeit erfordern.

Die Plattform verfügt über Schnittstellen zu bestehenden Werkssystemen wie Qualitätskontrollen am Bandende, Prüfständen, Parkplatzzuweisungssystemen und Logistikplanungstools. Diese Integration stellt sicher, dass sich das RBL-System auf natürliche Weise in den Betriebsablauf des Herstellers einfügt. Wenn beispielsweise eine Qualitätskontrollstation vorübergehend nicht verfügbar ist, kann das Flottenmanagementsystem die Fahrzeuge zu alternativen Stationen umleiten oder ihre Reihenfolge anpassen, um Staus zu vermeiden.

Diagnosetools überwachen den Zustand der Infrastruktur. Wenn ein Sensor falsch ausgerichtet oder verstopft ist, erkennt das System das Problem und benachrichtigt die Teams vor Ort. Diese schnelle Reaktionsmöglichkeit verhindert, dass kleine Probleme den Betrieb stören.

Sicherheit und Compliance

Die Sicherheit ist in jeden Teil des Systems integriert. Der Autonomiestack umfasst eine Leistungskomponente, die das Fahren und die Planung steuert, und eine Sicherheitskomponente, die das Verhalten überwacht. Die Sicherheitsebene sorgt dafür, dass das Fahrzeug potenziell gefährliche Situationen erkennen und auf der Grundlage einer zertifizierten Logik vorhersehbar reagieren kann. Die Architektur entspricht der europäischen Maschinenverordnung, die Anforderungen an KI-basierte Maschinen, Cybersicherheit und digitale Dokumentation stellt.

Ein neuer Standard für die Automobillogistik

Durch die Kombination von fortschrittlicher Planungssoftware, hoher Verfügbarkeit, zertifizierter Sicherheit und infrastrukturbasierter Autonomie setzt Embotech einen neuen Standard für die Fahrzeuglogistik nach der Produktion. Die automatisierte Fahrzeugbereitstellung reduziert den menschlichen Arbeitsaufwand, eliminiert Schwankungen, erhöht den Durchsatz und sorgt für gleichbleibende betriebliche Effizienz. Es stellt einen bedeutenden Meilenstein in der digitalen Transformation der Automobilproduktion dar und demonstriert das Potenzial autonomer Technologie in industriellen Umgebungen.