Herr Ruhl, sehen Sie die automatisierte Mobilität als Chance oder als Risiko für die AMAG?
Autonomes Fahren ist zunächst einmal ein großer Umbruch und unterscheidet sich grundlegend von der herkömmlichen Mobilität, wie wir sie kennen. Aber auch unsere Produkte haben sich über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und sind durch die Elektromobilität deutlich nachhaltiger geworden. Wichtig ist auch, dass teilautonome Systeme den Verkehr schon in der Vergangenheit deutlich sicherer gemacht haben: Die Zahl schwerer Unfälle ist in den letzten 50 Jahren um 80 Prozent zurückgegangen. Vollautomatisierte Systeme machen die Vision des unfallfreien Fahrens nun greifbar. Zudem verschwimmt durch den Einsatz autonomer Systeme im Personenverkehr die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Verkehr. Hier sehen wir eine Reihe neuer Chancen für die Zukunft.
Welche Kundenbedürfnisse können mit automatisierter Mobilität erfüllt werden?
Vor allem aber ergeben sich Kostenvorteile für die Kunden, wenn tatsächlich fahrerlose autonome Systeme unterwegs sind. So sinken die Kosten pro Personenkilometer um rund 50 Prozent, was vollautonomes Fahren günstiger machen würde als die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder die Fahrt mit dem Auto. Und im Vergleich zum heutigen linienbasierten öffentlichen Nahverkehr werden autonome Fahrzeuge Ridepooling-Geschäftsmodelle ermöglichen, bei denen Menschen von ihrem Standort aus abgeholt werden. Der Vorteil: Die Fortbewegung wäre günstiger und noch komfortabler als heute. In jedem Fall sollte automatisierte Mobilität in das bestehende Mobilitätsangebot integriert werden.
Wann wird es möglich sein, die Technologie und diese Geschäftsmodelle zu skalieren?
Pilotversuche laufen in Kalifornien und nun auch in Europa bei anspruchsvolleren Wetterbedingungen. So etwa bei VW MOIA in Hamburg oder bei Holo in Oslo, einem Unternehmen, an dem wir ebenfalls beteiligt sind. Diese Orte haben ähnliche Wetterbedingungen wie die Schweiz. In beiden Projekten ist geplant, dass ab 2026, also nicht mehr so weit in der Zukunft, Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sein werden, die keinen Fahrer benötigen. Ich gehe daher davon aus, dass autonome Fahrzeuge, die innerhalb eines bestimmten Betriebsgebiets zirkulieren, in diesem Jahrzehnt auch in der Schweiz umgesetzt werden. Level 5, also das, was gemeinhin als autonomes Fahren gilt, also ins Auto einsteigen und überall hinfahren, ist allerdings sicher nichts, was wir in diesem Jahrzehnt erleben werden.
Warum engagiert sich die AMAG bei SAAM ?
Automatisiertes Fahren ist ein Megathema und wird definitiv Realität. Deshalb wollen wir so viel wie möglich darüber lernen und haben auch in Holo investiert. Beim automatisierten Fahren wird die gesetzliche Regulierung ein entscheidender Faktor sein, welche Geschäftsmodelle möglich sein werden. Wir bringen hier gerne unsere praktischen Erfahrungen ein. Es ist uns aber auch wichtig, die Überlegungen der Regulatoren besser zu verstehen und über Entwicklungen in Sachen gesellschaftlicher Akzeptanz informiert zu bleiben. All diese Themen werden koordiniert über SAAM , weshalb wir Teil der Organisation sind.
„Die AMAG-Gruppe möchte auf dem Laufenden sein und wissen, wie sich die gesellschaftliche Akzeptanz entwickelt. All dies wird koordiniert über SAAM .”
Wir können Input geben, sind aber auch gespannt, wie sich die Schweiz beispielsweise autonome Mobilität vorstellt oder ob es weitere Mehrwerte für die Kunden geben wird. Wir hoffen jedenfalls, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen Voraussetzungen schaffen, damit sich autonomes Fahren auch in der Schweiz entwickeln kann.
Seit März 2021 ist der in Franken aufgewachsene Deutsche Helmut Ruhl CEO der AMAG-Gruppe, bei der er seit 2017 als CFO tätig war. Der erfolgreiche Mobilitätsmanager betrachtet die Automatisierung der Mobilität als einen grundlegenden Paradigmenwechsel, der vor allem Kostenvorteile für die Kunden bringt.
Interessiert es Sie, was andere CEOs zu diesem Thema zu sagen haben?
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