Der schweizerische Rechtsrahmen für automatisierte und fahrerlose Fahrzeuge: Umsetzung auf den 1. März 2025 

Der Bundesrat hat die Verordnung über das automatisierte Fahren (VAF) verabschiedet und damit einen soliden Rechtsrahmen für die Umsetzung der vom Parlament im Jahr 2023 beschlossenen Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes ( SVG) geschaffen. Diese zukunftsweisende Gesetzgebung...

Geschrieben von

Oliver Nahon

Veröffentlicht am

04/02/2025
BlogPolitik und Gesetze

Der Bundesrat hat die Verordnung über das automatisierte Fahren (VAF) verabschiedet und damit einen soliden Rechtsrahmen für die Umsetzung der vom Parlament im Jahr 2023 beschlossenen Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes ( SVG) geschaffen. Diese zukunftsweisende Gesetzgebung ermöglicht transformative Verkehrstechnologien, darunter das freihändige Fahren mit Autopilot-Systemen auf Autobahnen, fahrerlose Fahrzeuge auf vordefinierten Routen und vollautomatische Parklösungen. Diese Fortschritte versprechen, die Mobilität zu verbessern, indem sie die Verkehrssicherheit erhöhen, Verkehrsstaus reduzieren und Parkplätze und Flächen optimieren.  

Ab dem 1. März 2025 könnten automatisierte Fahrsysteme in Betrieb genommen werden, sofern sie die technischen, Sicherheits- und Cybersicherheitsstandards erfüllen. Mobilitätsanbieter, die fahrerlose Fahrzeuge betreiben, müssen die Einhaltung der Vorschriften sicherstellen, ihr Personal schulen und mit lokalen und bundesstaatlichen Behörden zusammenarbeiten, um die erforderlichen Genehmigungen und Infrastrukturen zu erhalten. 

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Verordnung. 

Definitionen 

Die geänderte Straßenverkehrsordnung und das VAF enthalten spezifische Definitionen für automatisierte Fahrzeuge, die je nach Verwendungszweck und Einsatzbereich in drei Hauptkategorien eingeteilt werden: 

  1. Fahrzeug mit einer Übernahmeaufforderung: Ein für den Straßenverkehr bestimmtes automatisiertes Fahrzeug (Stufe 3), das den Fahrer warnt, wenn das Automatisierungssystem seine Betriebsgrenzen erreicht hat. (VAF, Art. 2(a)) 
  2. Fahrzeuge für die Parkautomatisierung: Ein Fahrzeug, das so konfiguriert ist, dass es selbstständig und ohne Aufsicht des Fahrers zwischen einem Absetzpunkt und einer Parklücke manövriert. (VAF, Art. 2(b)) 
  3. Fahrerlose Fahrzeuge: Ein automatisiertes Fahrzeug (Stufe 4), das so konstruiert ist, dass es alle Fahraufgaben des Fahrers vollständig und dauerhaft innerhalb bestimmter operativer Auslegungsbereiche (ODDs) übernimmt. Diese Fahrzeuge arbeiten autonom, unterliegen jedoch bereichsspezifischen Genehmigungen. 

Allgemeine Anforderungen für automatisierte Fahrzeuge 

Alle automatisierten Fahrzeuge müssen den internationalen technischen Normen und Verkehrsvorschriften entsprechen. Sie müssen insbesondere mit Folgendem ausgestattet sein:  

  • Ein Speichersystem zur Aufzeichnung von Ereignissen wie Kollisionen und Notfallmanövern; 
  • Cybersicherheit und Software-Aktualisierungsmechanismen; 
  • Fahrzeug-Typgenehmigung oder gleichwertige Homologation; 
  • Meldemechanismen gegenüber dem ASTRA. (VAF, Art. 3-8, 11, 12, 14) 

Abschnitt 1: Automatisierte Fahrzeuge mit Übernahmeaufforderung für den Einsatz im Straßenverkehr 

Der Prozess der Übertragung von Fahraufgaben auf ein Fahrzeug gemäß der neuen Verordnung ist klar und sicherheitsorientiert. Verkäufer von automatisierten Fahrzeugen der Stufe 3 müssen die Kunden über die ordnungsgemäße Nutzung des Systems informieren und sich schriftlich bestätigen lassen, dass sie die Funktionen und Grenzen des Systems verstehen. (VAF, Art. 22) 

Der Fahrer muss das Automatisierungssystem gemäß den Anweisungen des Herstellers aktivieren. Sobald es aktiviert ist, kann er das Fahrzeug auf Autobahnen mit getrennten Verkehrsrichtungen vom System steuern lassen und die Hände von den Bedienelementen nehmen. Der Fahrer muss zwar nicht ständig das System oder den Verkehr überwachen, aber er muss jederzeit bereit sein, das Steuer zu übernehmen. Sie sollten ihre Sicht frei halten und in einer Position sitzen, die ein schnelles Eingreifen ermöglicht. Ablenkungen oder Handlungen, die ihre Reaktion verzögern könnten, sind nicht erlaubt. Der Fahrer muss die Kontrolle wieder übernehmen, wenn er vom System dazu aufgefordert wird oder wenn klar wird, dass die Bedingungen für eine sichere Benutzung nicht mehr erfüllt sind. (VAF, Art. 23) 

Um die Verantwortlichkeit zu gewährleisten, müssen Fahrzeuge mit einer Übernahmeanforderung mit einem Fahrmodus-Rekorder ausgestattet sein. Dieses System protokolliert wichtige Ereignisse, darunter die Aktivierung und Deaktivierung des Automatisierungssystems, die Gründe für diese Aktionen und die Umstände, die zu den Übernahmeanfragen führen. Es zeichnet auch alle Situationen auf, in denen das Automatisierungssystem die Eingriffe des Fahrers außer Kraft setzt. Diese Aufzeichnungen sind für die Analyse der Systemleistung, die Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften und die Behebung von Zwischenfällen unerlässlich. (VAF, Art. 24) 

Abschnitt 2: Automatisiertes Parken 

Automatisierte Parksysteme sind nur in zugelassenen und ausgewiesenen Bereichen erlaubt, um Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten. Diese Parkzonen müssen überwacht werden, um bei Zwischenfällen sofort eingreifen und Unfälle der Polizei melden zu können. (VAF, Art. 25, 26.) Fahrzeuge, die mit automatischen Parksystemen ausgestattet sind, sollten in der Lage sein, freie Plätze zu erkennen und autonom zu navigieren, entweder völlig eigenständig oder mit Hilfe externer Infrastruktur. (VAF, Art. 27.) Um eine Beeinträchtigung des regulären Verkehrs zu vermeiden, müssen diese Zonen deutlich gekennzeichnet und räumlich von anderen Verkehrsflächen wie Straßen, Geh- und Radwegen getrennt sein. (VAF, Art. 28.) Die Betreiber von automatischen Parkierungsanlagen müssen bei den zuständigen kantonalen Behörden eine Bewilligung einholen und sicherstellen, dass alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. (Art. 31.) 

Abschnitt 3: Fahrerlose Fahrzeuge 

Fahrerlose Fahrzeuge müssen strenge Betriebs-, Sicherheits- und Cybersicherheitsstandards einhalten, die in der Verordnung festgelegt sind. Vor dem Einsatz ist eine Prüfung vor der Abfahrt erforderlich, um sicherzustellen, dass alle kritischen Komponenten wie Bremsen und Reifen ordnungsgemäß funktionieren, und um etwaige Probleme zu beheben. (VAF, Art. 33) 

Während des Betriebs müssen die fahrerlosen Fahrzeuge von einem in der Schweiz ansässigen Betreiber überwacht werden. Der Betreiber stellt sicher, dass die Infrastruktur funktioniert, aktiviert und deaktiviert das Automatisierungssystem nach Bedarf und bestätigt, dass die Prüfungen vor der Abfahrt abgeschlossen sind. Der Betreiber prüft die vom System vorgeschlagenen Manöver, greift bei Bedarf ein, um die Risiken zu verringern, und behebt alle Probleme, bevor er den Betrieb wieder aufnimmt. Sie sind auch für die Kommunikation mit den Fahrgästen verantwortlich, gewährleisten die Sicherheit in Notfällen und melden Unfälle umgehend der Polizei. Diese Maßnahmen gewährleisten die Einhaltung der Vorschriften und die Sicherheit in allen Betriebsszenarien. (VAF, Art. 34) 

Fahrerlose Fahrzeuge können auch manuell über bordeigene Bedienelemente oder ferngesteuerte Systeme bedient werden. Der Übergang vom automatisierten zum manuellen Betrieb ist nur bei stehendem Fahrzeug zulässig. Manuelle Bediener gelten als Fahrer und müssen dieselben Qualifikationen erfüllen wie herkömmliche Fahrer, einschließlich des Besitzes eines gültigen Führerscheins der Klasse B und der Tatsache, dass sie nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen. Bediener und manuelle Fahrer müssen eine vom Hersteller oder Importeur angebotene Pflichtschulung absolvieren, um die technischen und betrieblichen Systeme des Fahrzeugs zu verstehen. Diese Schulung gewährleistet eine sichere und effiziente Nutzung sowohl der manuellen als auch der automatisierten Funktionen. (VAF, Art. 35-37) 

Die Fahrzeughalter sind dafür verantwortlich, dass die fahrerlosen Systeme auf dem neuesten Stand sind und gemäß den Herstellerrichtlinien gut gewartet werden. Sie müssen sicherstellen, dass täglich Kontrollen vor der Abfahrt durchgeführt werden und dass die Fahrzeuge nur innerhalb der genehmigten Bedingungen und Bereiche betrieben werden. Der Kanton, in dem das Fahrzeug eingesetzt wird, muss die Genehmigung für den Einsatzbereich erteilen. Die Kommunikationssysteme müssen es den Behörden ermöglichen, im Bedarfsfall mit den Betreibern in Kontakt zu treten, und die organisatorischen Massnahmen müssen sicherstellen, dass alle gesetzlichen Verpflichtungen eingehalten werden. (VAF, Art. 38, 43, 47) 

Ausnahmeregelungen 

Das ASTRA ist befugt, unter bestimmten Artikeln der Verordnung spezifische Ausnahmen für fahrerlose Fahrzeuge und automatisierte Parksysteme zu gewähren, sofern ein vergleichbares Sicherheitsniveau eingehalten wird. Diese Ausnahmen können zusätzliche Anforderungen oder zeitliche Beschränkungen beinhalten. (VAF, Art. 50) 

Autor: Oliver Nahon, Director of Operations, SAAM
Co-Autor: Amin Amini, CEO & Gründer, LOXO

Folgen Sie uns auf LinkedIn und bleiben Sie mit
auf dem Laufenden über SAAM !

Nächster Artikel